Einführung von Fallpauschalen in der Schweiz: Voraussetzungen und Einfluss verstärkt involvierter Fremdkapitalmärkte

Die kumulative Dissertation zum Thema Finanzierung von Krankenhausinfrastruktur genießt die freundliche Unterstützung der BEKB / BCBE und wird von Prof. Dr. rer oec. Reto Steiner begleitet.

1. Ausgangslage und Problemstellung

Während der letzten Jahre haben viele Länder ihr Gesundheitssystem reformiert, speziell davon betroffen war der Krankenhaussektor. Die bekannteste Reform im Krankenhaussektor ist die Einführung von Diagnosis Related Groups, kurz DRG-Reform genannt. Wesentlichste Änderung der Reform war der Wechsel von einer Entschädigung mittels Tagespauschalen zu einer Entschädigung pro Behandlungsfall. In einigen Ländern wie der Schweiz enthält diese neue Form der Entschädigung auch einen Anteil für die Investitionskosten. Dadurch werden Krankenhäuser neu für ihre Infrastruktur vollumfänglich verantwortlich. Sie müssen sich nun mit Fragen nach der Planung, dem Bau, der Finanzierung und dem Betrieb (DBFM) ihrer Investitionen auseinandersetzen. Obwohl Investitionen  von Krankenhausgesellschaften in anderen Ländern wie Deutschland und Österreich nach wie vor teilweise durch die öffentliche Hand unterstützt werden, müssen sich auch diese Institutionen vermehrt mit sogenannten DBFM-Fragen (Design, Build, Finance, Maintain) befassen.

Die bisherige Finanztheorie zeigt zwar auf, wie mit den erwähnten DBFM-Fragen umzugehen ist. Generell können Planung, Bau, Finanzierung und Betrieb von Investitionen entweder in-house oder mit externen Partnern zusammen vorgenommen werden. Selbstverständlich sind auch gemischte Lösungen – sogenannte hybride Formen – denkbar. Diese unterschiedlichen Lösungsansätze werden im Folgenden Finanzierungsmodelle genannt. Es existieren allerdings bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, welche Faktoren für die Auswahl eines bestimmten Finanzierungsmodells relevant sind.

2. Forschungsfragen

Da bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse vorhanden sind, wie Krankenhäuser die DBFM-Fragen lösen und geeignete Finanzierungsmodelle auswählen, sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:

  • Welche Finanzierungsmodelle kommen in der Schweiz, Österreich und Deutschland zur Anwendung? Wie kann die Auswahl der Finanzierungsmodelle erklärt werden?
     
  • Welchen Impact bewirken die ausgewählten Finanzierungsmodelle? Können daraus bestimmte Erfolgsfaktoren abgeleitet werden?

3. Theoretischer Hintergrund und methodisches Vorgehen

Zur Untersuchung der erwähnten Forschungsfragen sind zwei Theorien von Bedeutung. Die Finanztheorie wird benötigt, um die möglichen Finanzierungsmodelle zur Lösung der DBFM-Fragen zu differenzieren. Diese Modelle können anschliessend nach ihrem Grad des Outsourcing (Lösung in-house oder mit externen Partnern zusammen) unterschieden werden. Die Transaktionskostentheorie liefert dann Erklärungsfaktoren, weshalb Lösungen in-house, mit externen Partnern zusammen oder in hybrider Form gewählt werden. Neben den drei bekanntesten Faktoren Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit (ersetzt durch Vertrauen) einer Transaktion sollen zusätzlich die Verhandlungsmacht sowie der finanzielle Handlungsspielraum der Krankenhäuser als mögliche Erklärungsansätze untersucht werden. Für sämtliche erwähnten Faktoren bestehen empirische Hinweise, dass diese von Bedeutung sein könnten. Der Impact der Finanzierungsmodelle soll anhand eines Performance Ziels sowie eines finanziellen Ziels ansatzweise untersucht werden. Damit soll geklärt werden, ob bestimmte Finanzierungsmodelle zu einem besseren Impact führen als andere Modelle.

Methodisch wird wie folgt vorgegangen: Nach einer eingehenden Literaturrecherche und Pretests soll Ende 2014 eine Befragung sämtlicher Krankenhäuser in der Schweiz, Österreich und Deutschland durchgeführt werden. Adressaten der Befragung sind CEOs oder CFOs der Krankenhäuser. Die Befragung findet mit freundlicher Unterstützung des Lehrstuhls für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam sowie des Instituts für Management Accounting der Johannes Kepler Universität Linz statt. Anschliessend soll das unter Punkt 3 vorgestellte Erklärungsmodell überprüft und allenfalls angepasst werden.

4. Erwartete Resultate

Es wird erwartet, für eine oder mehrere unterstellte Wirkungszusammenhänge gemäss Abbildung 1 empirische Evidenz zu finden. Das Dissertationsprojekt hat insbesondere zwei Herausforderungen. Erstens ist der Versuch, die Auswahl von Finanzierungsmodellen mittels erweiterter Transaktionskostentheorie zu erklären, relativ neu. Zweitens können Transaktionskosten nicht direkt, sondern nur indirekt erhoben werden. Entsprechend müssen die unterstellten Kosten indirekt mittels Befragung ermittelt werden.