Methodik von Geschäftslaststudien in der Justiz

Die verwaltungswissenschaftliche Dissertation wird im Rahmen des SNF Sinergia-Forschungsprojekts „Grundlagen guten Justizmanagements in der Schweiz“ (www.justizforschung.ch) erarbeitet und durch Prof. Dr. Andreas Lienhard betreut.

Ausgangslage

Im Kontext steigender Fallzahlen und Ressourcenbeschränkung ist die Bewirtschaftung der Geschäftslast, d.h. der eingehenden und hängigen Fälle, in der Schweizer Justiz – wie auch in vielen anderen Ländern – ein aktuelles Thema. Fälle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Komplexität und nehmen unterschiedlich viel Zeit zur Bearbeitung in Anspruch. Somit sagen ungefilterte Fallzahlen nur wenig darüber aus, wie viel Arbeit diese Fälle an einem Gericht generieren. In der Schweiz ist bisher kaum Zahlenmaterial zur Arbeitslast der Gerichte vorhanden.

Um die Arbeitslast auf objektive und empirisch basierte Weise zu ermitteln, wird eine Geschäftslaststudie angewendet. Die Geschäftslaststudie dient demzufolge der Bestimmung der Arbeitszeit, welche Richterinnen und Richter, Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber sowie Gerichtsmitarbeitende durchschnittlich für die Bearbeitung von „typischen“ Fällen verschiedener Rechtsgebiete aufwenden. Die mittels einer Geschäftslaststudie erhobenen Daten sind eine wichtige, wenn nicht unabdingbare, Grundlage für die Geschäftslastbewirtschaftung als bedeutsames Element des Justizmanagements, wie auch für die Bestimmung des Personalbedarfs der Justizorganisationen.

In der Schweiz hat sich bisher keine einheitliche bzw. allgemein anerkannte Methodik für Geschäftslaststudien, d.h. für die Erhebung der durchschnittlichen Bearbeitungszeiten pro Geschäft, durchgesetzt. Aufgrund geringer empirischer Erfahrung und den Besonderheiten des Justizsystems gibt es noch grosse Unsicherheiten bezüglich der Methodik von Geschäftslaststudien. International bestehen teilweise langjährige Erfahrungen mit Geschäftslaststudien, doch ein solider Konsens bezüglich der Methodik scheint es (noch) nicht zu geben.

Forschungsfragen

Vor diesem Hintergrund befasst sich die Dissertation mit folgenden Forschungsfragen:

  • Was gibt es für methodische Ansätze zur Ermittlung der Arbeitslast in der Justiz? Was für Erfahrungen existieren mit Geschäftslaststudien in der Schweiz und im Ausland?
  • Welche Effekte haben Geschäftslaststudien auf die Arbeit in Justizorganisationen?
  • Welches ist/sind die optimale(n) Methode(n) zur Bestimmung der gewichteten Geschäftslast in Justizorganisationen in der Schweiz?

Ziel ist es, methodische Modelle aufzuzeigen, die für die Schweizer Gerichtsbarkeit umgesetzt werden könnten. Auch sollen aus einer methodischen Sichtweise die Möglichkeiten und Grenzen von Geschäftslaststudien an Gerichten in der Schweiz beleuchtet werden.

Methodisches Vorgehen

Die Dissertation basiert auf einer umfassenden Literaturanalyse. Dabei werden veröffentlichte Geschäftslaststudien sowie weitere Literatur zur Messung der Arbeitslast und zur Methodik von Geschäftslaststudien aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Finnland und Nordamerika, wie auch von internationalen Organisationen (u.a. CEPEJ, Weltbank), analysiert. Als Ergänzung zur Literaturstudie sind Experteninterviews und eine Umfrage bei einzelnen Gerichten in der Schweiz vorgesehen.

Erwartete Ergebnisse

Es zeichnet sich ab, dass sich eine Vielfalt von methodischen Ansätzen zur Ermittlung der Arbeitslast findet, welche je nach Kontext wiederum unterschiedliche Ausprägungen aufweisen. Erwartet wird, dass von den teilweise langjährigen Erfahrungen im Ausland und kürzlich in der Schweiz durchgeführten Studien gelernt werden kann. Die Dissertation soll hilfreiche Hinweise liefern für die künftige praktische Anwendung von Geschäftslaststudien in Justizorganisationen in der Schweiz.

Diese Dissertation wird von Daniela Winkler verfasst unter der Betreuung von Prof. Dr. Andreas Lienhard.