Politikwissenschaft & Policy-Forschung

Für die Lösung gesellschaftlicher Probleme ist die Politik auf wissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen. Die Funktionsweisen von Wissenschaft und Politik unterscheiden sich aber grundlegend, was die Zusammenarbeit erschwert. In unserer Forschung untersuchen wir Systeme wissenschaftlicher Politikberatung und Faktoren, welche die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Politikgestaltungsprozess fördern und hindern. Speziell untersuchen Dr. Caroline Schlaufer und Dr. Johanna Hornung dieses Thema im Gesundheitsbereich im Rahmen des Ethics and Policy Labs und des Projektes "Comparing the crisis resilience of national policy advisory systems during Covid-19" des MCID der Universität Bern. 

Mittels Policy-Narrativen können Politikdebatten empirisch untersucht werden. Narrative sind ein zentrales Element der menschlichen Kognition und Kommunikation. Sie sind eine Art Geschichte, die uns ermöglicht, Ordnung und Struktur in ein komplexes Themengebiet zu bringen.

Policy-Akteurinnen und Akteure machen sich Narrative strategisch zu nutzen, um beispielweise in einer politischen Debatte ihre Präferenzen zu betonen. In der Policy-Forschung werden mithilfe von Narrativen Politikgestaltungsprozesse systematisch untersucht.

Die Forschung am Kompetenzzentrum für Public Management befasst sich insbesondere mit der Rolle von Policy Narrativen im Schweizerischen Kindes- und Erwachsenenschutz (Forschung von Bettina Stauffer im Rahmen des NFP76) und der politischen Nutzung wissenschaftlicher Evidenz in Narrativen (Forschung von Dr. Caroline Schlaufer).

Politische Steuerung erfolgt mithilfe von Instrumenten, welche die Politikwissenschaft in verschiedene Typologien einordnet. Instrumente können die Form von hierarchischen Vorgaben (Verboten oder Pflichten) annehmen, Anreize schaffen, oder Informationen bereitstellen, die eine gewünschte Verhaltensänderung bei der Bevölkerung erreichen sollen.

Das KPM erforscht Erklärungsfaktoren für die Entscheidung für und Nutzung bestimmter Politikinstrumente, ihre Wirkung auf die Zielerreichung und ihren langfristigen Einfluss. Aktuelle Projekte fokussieren diese Frage insbesondere im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie. Das Projekt "Compliance With National COVID-19 responses and measures (CoWiNaCo)", bearbeitet von Prof. Dr. Fritz Sager, Dr. Jörn Ege, Dr. Susanne Hadorn und Dr. Anna Malandrino, untersucht in vergleichender Perspektive die Faktoren, die sowohl zur Einhaltung als auch zur Nichteinhaltung von COVID-19-Gegenmaßnahmen führen. Neben der mitunter beauftragten Evaluation von politischen Instrumenten (siehe Politikevaluation) und an der Schnittstelle zu dem Forschungsschwerpunkt "Wissenschaft und Politik" besteht ein besonderes wissenschaftliches Interesse an den Bedingungen, unter denen Politikinstrumente evidenzbasiert auf der Basis von bekannten und antizipierten Wirkmechanismen gestaltet werden und inwiefern die Auswahl des Policy Designs sowohl von institutionellen Faktoren beeinflusst als auch unter variierenden institutionellen Faktoren unterschiedliche Wirkungen produziert. Inhaltlich ist diese Forschung insbesondere im Bereich der Gesundheitspolitik angesiedelt, die als Forschungsschwerpunkt von Dr. Susanne Hadorn und Dr. Johanna Hornung vertreten wird und in dem auch die Doktorarbeit von Lisa Asticher zu verorten ist.

Nachdem politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger öffentliche Politiken verabschiedet haben, müssen diese umgesetzt werden, um die angestrebte Wirkung zu erzielen. Die Forschung im Bereich Politikimplementierung befasst sich mit verschiedenen Aspekten dieses Umsetzungsprozesses und den Gründen für unterschiedliche Ergebnisse des Vollzugs. In der Schweiz ist insbesondere der Vollzugsföderalismus, d.h. die Umsetzung von Bundesrecht durch die Kantone unter Berücksichtigung der jeweiligen kantonalen Besonderheiten, eine Kerneigenschaft des föderalen Systems. Dieses Themengebiet wird schwerpunktmässig vom Team von Prof. Dr. Fritz Sager erforscht. Ebenfalls ein wichtiges Gebiet innerhalb der Vollzugsforschung ist die Analyse verschiedener Umsetzungsarrangements, wie beispielsweise Netzwerken von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, die gemeinsam öffentliche Politiken umsetzen. Dieses Thema wird u.a. von Dr. Susanne Hadorn behandelt.

Öffentliche Politiken haben zum Ziel, gesellschaftliche Probleme zu lösen oder diese zumindest zu vermindern. Dies gelingt nur dann, wenn die von den politischen Entscheidungsträgeinnen und Entscheidungsträgern angestrebten Wirkungen auf die Politikadressatinnen und -adressaten, oder anders gesagt, die geplanten Verhaltensveränderungen bei den Problemverursacherenden, eintreffen. Politikevaluation ist die transparente und auf wissenschaftlichen Standards beruhende Bewertung öffentlicher Politiken und deren Wirkungen. Sie ermöglicht dadurch die gezielte Steuerung und evidenzbasierte Anpassungen staatlicher Interventionen.

Das KPM verfügt in diesem Bereich einerseits über langjährige Erfahrung in der Durchführung von Evaluationen in verschiedensten Bereichen wie Gesundheits-, Verkehrs-, oder Migrationspolitik, insbesondere im Auftrag von Bund und Kantonen. Andererseits forscht das KPM im Bereich Politikevaluation zu Themen wie der Nutzung von Evaluationsergebnissen im Kontext der direktdemokratischen Prozesse (insb.  Dr. Caroline Schlaufer) sowie der Unabhängigkeit von Evaluationen (Prof. Dr. Fritz Sager und Dr. Susanne Hadorn). Beide Themen haben eine hohe Relevanz für die Praxis, indem die Forschungsergebnisse dazu genutzt werden können, eine Verbesserung der Evaluationsprozesse zu erreichen und die daraus gewonnen Erkenntnisse gezielter für die Gestaltung wirksamer öffentlicher Politik zu nutzen.